Home | Baja California, July 2007 |
Baja California ist aufgrund seiner Lage und seines trockenen Klimas seit jeher dünn besiedelt gewesen. Landwirtschaft unter schwierigen Umständen prägt bis heute das Bild, sobald man weiter als eine Tagesreise von der amerikanischen Grenze oder den touristischen Zentren des Südens entfernt ist. Die Nord-Süd-Magistrale, der "Highway 1", wurde erst in den 70er Jahren durchgängig asphaltiert, und viele Nebenstraßen sind bis heute Schotterpisten. In dieser Abgeschiedenheit entwickelte die Region ihre eigene herbe Identität. Ältere Reiseführer sind eigentlich "Abenteuer-Bücher"; nur an der Südspitze der Insel mit Fährverbindung und Flughafen sowie in Spritztour-Reichweite zu den USA gibt es den klassischen Bade- und Vergnügungstourismus.
Inzwischen war es Ende Juni geworden; unsere geruhsame Art zu reisen hatte den ursprünglichen Plan, noch in der kälteren Jahreszeit den Süden zu erreichen, durchkreuzt. Auch hatten wir das Death Valley zeitlich vorgezogen, das im Juli und August kaum noch zu bereisen gewesen wäre. Baja California dagegen mit dem mäßigenden Einfluss des Meeres ist auch im Sommer selten unerträglich heiß. Wir hatten nun, da wir langsam an unseren Heimflug denken mussten, "nur noch" einige Wochen Zeit zur Erforschung dieses unbekannten Landes, was bei Normal-Amerikanern allerdings immer noch Neid aufkommen ließ.
Wir waren uns überhaupt nicht sicher, was uns erwarten würde. Mexiko ist verglichen mit den USA immer noch recht arm, so dass die Ausrüstung reicher Norte-Americanos immer Begehrlichkeiten weckt. Jeder kann entsprechende Geschichten erzählen. (Das erinnert an das Verhältnis Polen-Deutschland.) Die Drogenpolitik der USA macht das Grenzgebiet zum Arbeitsplatz vieler Drogenschmuggler. Die Polizei ist korrupt. An den Tankstellen wird man betrogen. Sondra hatte Angst, dass Robin entführt werden könnte, um ihn oder wenigstens seine Organe für viel Geld zu verkaufen. Kindesentführungen seien praktisch an der Tagesordnung. Leslies Nachbar fuhr dieses Jahr zum ersten Mal nicht nach Baja, weil er es für zu gefährlich für seine Familie hielt. Die Kriminalität allgemein und im Grenzgebiet im besonderen habe zu sehr zugenommen, die Jugendlichen würden alle auf Droge sein.
Aber andererseits war Baja nach allem, was man las, nicht vergleichbar mit den Städten auf dem industrialisierten Festland; übereinstimmend wurden die locals als hilfsbereit, gastfreundlich und ehrenhaft beschrieben. Wir beschlossen mit einem etwas mulmigen Gefühl, uns selbst ein Bild zu machen. Als Vorsichtsmaßnahme würden wir aber dem Rat des Nachbarn folgen und am ersten Tag das Grenzgebiet hinter uns lassen, um die Nacht außerhalb des Operationsradius drogensüchtiger Krimineller zu verbringen.